Im Norden weht der Wind immer. Manchmal weht er von hinten. Dann wieder bläst er fest ins Gesicht. Mit dem Wind kommen die Wolken. Mit den Wolken kommt manchmal auch Regen. Der Vorteil eines teilweise bewölkten Tages ist, dass die Wolken mit dem Regen schnell vorbeiziehen. Hoch im Norden ist das Klima anders. Wenn es in Utrecht regnet, ist es im Norden oft trocken. Und andersherum. Die Temperatur ist dort etwas niedriger, aber es ist in Ordnung. Das wirkt sich auch auf die Gastronomie aus. Die Getreiderepublik von Wattenmeer liegt eher im Osten. Im hohen Norden hingegen finden Sie Kartoffeln, Gemüse, Zuckerrüben sowie Fisch aus dem Wattenmeer und der Nordsee. Wir erkunden die Gastronomie der Wattenmeer.


Austern, Harfen und ein Flipperautomat
Lauwersoog ist eine Konstruktion. Ein Dorf, das eigentlich kein Dorf ist. Vor Jahrzehnten gab es dort noch nichts. Der Name Lauwersoog bedeutet eigentlich Lauwerseiland. Bis Ende des 20. Jahrhunderts war es auch eine Insel. Eine Konstruktion aus den 1960er und 1970er Jahren. Es war eigentlich eine Arbeitsinsel, um die Lauwerszee zu schließen. So ist sie auch angelegt worden. Es fehlt ihr ein Herz, eine Seele. Es gibt den Hafen, man hat den See und vor allem das Boot zur Insel Schier. Der bekannte Dreiklang Kirche-Kneipe-Rabobank ist hier überschaubarer. Nur eine Kneipe sorgt hier für Zusammenhalt. Auch die Fischer kennen sich untereinander und helfen sich, wo es nötig ist.
't Ailand
Die Zeichen auf der Außen- und Innenseite und der "t Ailand insgeheim viel verraten. Slow Food, das eine Schnecke darstellt, ist nur eine dieser Anspielungen auf die Realität des Tages. Es ist das schlagende Herz eines schönen Fischereibetriebs. Barbara ist die fröhliche Gastgeberin. Hinter ihrem Schreibtisch hat sie alles unter Kontrolle. Mit dem Radio auf O.V.T. und dem Blick auf die Hafenmündung kann wenig schief gehen. Dass Barbara voller Geschichten steckt, sollte nicht überraschen. Wenn man tagein, tagaus Menschen empfängt und auf See ist, gibt es zwangsläufig mehr als eine Geschichte zu erzählen.
Der Betrieb, der von Barbara und ihrem Freund Jan geführt wird, fischt das ganze Jahr über Austern und in den Sommermonaten Netze. Austern, Heringe und andere Fische aus dem Wattenmeer. Barbara mag die Tiefsee nicht. Vielleicht kommen die Gefahren des offenen Meeres ins Spiel. Ich habe keine Angst, nass zu werden, aber ich möchte im Meer stehen können", sagt sie. Dafür ist das Wattenmeer perfekt.
Austern sind ein schmutziger Job
Die Austern im 't Ailand sind wilde Austern. Nicht gezüchtet, sondern rein und lokal. Sie wachsen direkt vor Ihrer Haustür, im Wattenmeer. Austern zu pflücken ist keine saubere Arbeit. Gewöhnliche Netzfischer haben es viel einfacher", sagt Barbara, "sie werfen ihren Fisch auf den Kai, er wird auf Eis gelegt und am nächsten Donnerstag ist das Geld auf dem Konto". Im Austerngeschäft dauert das alles ein bisschen länger. Man muss Austern pflücken. Man muss wissen, wo man die Austern findet, man muss mit den Gezeiten und dem Wetter zurechtkommen. Wenn man einmal angebissen hat, dann geht es los. Die Austern kleben aneinander und man muss sie losbinden und nach Größe sortieren. Dann entfernt man die Außenseite von Schmutz, wie Seepocken, Schlamm und so weiter. Die Austern müssen dann in Wasser gelegt werden. Dann in einen Korb und ab zum Kunden. Ein Tag Austernsammeln ist eine Woche Reinigungsarbeit. Das ist ein anderer Kuchen.
Seepocken sind winzige Organismen, die auf allen möglichen Oberflächen nisten, auch auf Austern im Wattenmeer. Barbara kann nicht umhin, die Anekdote über die Genitalien der männlichen Wasserpocken zu erzählen. Die Männchen haben offenbar ein 30 cm langes Fortpflanzungsorgan mit sich herumzuschleppen. Oder besser gesagt. Sie bleiben selbst an Ort und Stelle und das Organ erledigt den Rest. Er macht so ziemlich alle Weibchen platt", sagt Barbara und lacht. Für einen Organismus, der nur ein paar Millimeter groß ist, ist das eine beachtliche Leistung. Und für uns natürlich auch eine tolle Geschichte.
Flipper
Während Barbara Kaffee kocht und ihren eigenen Apfelkuchen serviert, sind Freund Jan und sein Team auf den Märkten in Utrecht und Groningen unterwegs. Bio-Märkte, meine ich. Jan ist auch oft zum Fischen und Austernsammeln auf dem Meer. Wie sich herausstellt, hat er noch ein anderes Hobby. Barbara wirft es beiläufig ein: 'Wenn er nicht in der Bude ist, spielt er bestimmt nur Flipper'. Aus dem hinteren Teil des Ladens hören wir ein nettes Kompliment: "Ein Samstag, an dem nicht geflippert wird, ist ein nicht gelebter Tag". Zur Kontrolle fragen wir, ob es wirklich um den Schrank geht. Wir hören die Bestätigung. Jan scheint ein begnadeter Flipper-Spieler zu sein, der es mit den Besten der Welt aufnehmen kann. Das Thema seines Lieblingsautomaten ist 'Fluch der Karibik'. Das Lachen kann nicht mehr unterdrückt werden.
Der Krieg ist hier stärker zu spüren als anderswo
Wer das Wattenmeer wirklich erleben will, fährt am besten am Meer entlang. Entlang der Küstenstraße, die auf der rechten Seite des Deiches verläuft. An sonnigen Tagen ist sie überfüllt mit Radfahrern, an anderen Tagen ist man hier der Einzige. Mit einem streunenden Seehund, einer Schafherde und einem Vogelschwarm als Begleiter. Viele wissen nicht, dass dieser Teil des Landes auch ein großer Truppenübungsplatz ist. Marnehuizen ist das Übungsdorf, von dem aus 'unsere Männer' für den Kampf gegen den Feind ausgebildet werden. Zufall oder nicht, aber während unseres Besuchs ist die Küstenstraße, die zum Gelände gehört, komplett gesperrt. Eine große Militärübung, wie wir später erfahren. In Anbetracht der Weltlage ist das nicht anders, machen Sie einen Umweg. Die ukrainische Familie, die wir zwei Tage zuvor am Nordkap sahen, wie sie den Deich hinaufliefen, mussten sie sich wirklich anpassen.
Lauwersmeer
Die Niederlande sind der König der Wasserwirtschaft. Natürlich haben wir unser eigenes Prinz-Pils, aber wir sind in der ganzen Welt für unsere ausgeklügelten Methoden bekannt, um unsere Füße trocken zu halten. Das müssen wir auch, denn große Teile unseres Landes liegen unter dem Meeresspiegel. Auch in Lauwersoog wurde ein raffiniertes Kunststück vollbracht. Ein schöner Naturpark, der durch den Bau von Deichen entstanden ist. Die Überschwemmungskatastrophe von 1953 war der Anlass für die Urbarmachung dieses Stücks Land. Dies geschah nicht ohne einen Kampf. Ohne das Aktionskomitee Lauwerszee müssten wir jetzt hier in die Pedale treten.
Durch die Schließung des Meeres entstand eine neue Flora und Fauna. Seit 2003 trägt die ehemalige Lauwerzee nun den Titel Nationalpark. Vögel, Ruhe, Raum. Hier finden Sie auch die Niederlande in einer Nussschale: Auf der einen Seite der N361 dürfen Sie den Park wegen der nistenden Vögel nicht betreten. Auf der anderen Seite befindet sich ein Übungsgelände. Es lebe die Freiheit.
Die schönsten Dörfer der Niederlande
Groningen hat viele schöne Dörfer. Winsum ist eines von ihnen. Im Jahr 2020 war es laut den Experten des ANWB das schönste Dorf der Niederlande. Sie kennen das Sprichwort: You Winsum, You L... Vergessen Sie nicht Niehove, an der Westseite von Groningen. Auch das ist eine solche Perle. Ein denkmalgeschütztes Dorf mit einer Kirche aus dem 13. Jahrhundert, die auf einem Hügel steht.
Auch das Dorf Zoutkamp, durch das wir fahren und das das Zentrum der Krabbenfischerei ist, gehört zu dieser Reihe hübscher Dörfer. Schon aus diesem Grund ist dieser Teil von Groningen mehr als nur die Straße zu den Watteninseln. Hier gibt es Atmosphäre, wunderbare Geschichte und eine fantastische Gastronomie.
Pures und lokales Vergnügen im Schloss Piloersema
Die Gastgeberin von Piloersemaborg geht vor uns an den Tisch. Alles ist festlich gedeckt. Schönes Leinen. Schöne Weingläser und ein wunderbares Ambiente. Das ist schickes Essen. Auf der Speisekarte stehen nur lokale Produkte und Blutorangen aus Sizilien. Weine aus Piemont. Wasser aus dem Wasserhahn. Wie es hier sein sollte. Amuse, Vorspeisen und ein Hauptgericht mit Fisch aus der Region. Im Hintergrund läuft heimlich über die App die Flandern-Rundfahrt. Eine große Gestalt erscheint neben dem Tisch. Mit einem leichten nordholländischen Akzent bemerkt er: 'Ich habe gehört, Sie sind Radfahrer? Der Mann entpuppt sich als kein anderer als Dick Soek. Ehemaliger Radprofi, jetzt Manager des Lokals. Mit einer Liebe zum Piemont, wo er das Radfahren und Kochen gelernt hat.
Über den Kurs und mehr
Der Kurs ist noch nicht 'in the fold', wie die Flamen sagen. Dick verfolgt ihn aufmerksam. Später stellt sich heraus, dass er neben der Küche, in seinem Büro, auch den Kurs laufen hat. Das Blut fließt dorthin, wo es nicht hin kann. Das muss es auch, denn Tochter Julia, ein ehemaliger Profi, ist jetzt Teammanagerin des Frauenteams von Le Col-Wahoo. Während der Tour nach dem Abendessen schlemmen wir uns die Augen. Nicht nur das Essen war köstlich, sondern auch die schönen Zimmer dieses Gasthauses verdienen mehrere Sterne. Tipp für Liebhaber: die 5 Zimmer des B&B sind noch buchbar. Ideal für ein Abendessen mit Übernachtung. Hier schmecken Sie wirklich die Gastronomie des Wattenmeeres!
Mit Dick könnten wir noch 100 Stunden lang über den Kurs reden. Über die Geschichten, über den Vertrag in Italien, den er dann doch nicht unterschrieben hat. Über die Zutaten in den Gerichten, die fast alle aus der Region stammen. Außer den Orangen aus Sizilien. In der Nähe des Ätna, denn das sind die besten. Seine Frau, die uns als Gastgeberin vorausgegangen ist, kann ebenfalls Hunderte von Geschichten über die Lagerstätte erzählen. Diesmal überlässt sie es ihrem Mann.
Überraschung
Wir waren ein wenig überwältigt von dieser Erfahrung. Wir dachten, wir würden "nur ein Sandwich essen gehen". Was für eine angenehme Überraschung. Genau wie der Rest unserer Reise durch das Wattenmeer. Es gibt so viel mehr in dieser Region. So viel mehr als das Bild, das die Leute gerne von diesem Teil des Landes malen. Es ist wunderschön hier. Es werden schöne Dinge hergestellt, wir haben in wunderbaren Restaurants gegessen und tolle Gespräche geführt. Der Kaffee im Speichen Schmeckt besser als der aus dem Laden um die Ecke. Manchmal war es kalt, aber das war überall in den Niederlanden so. Und der Wind? Das gehört dazu. Denn ohne ihn hätten wir jetzt nicht Bauke Mollema. So.
Route
Dies ist die ideale Route für den Geschmack des Wattenmeeres. Halten Sie an der Piloersemaborg? Dann nehmen Sie sich etwas Zeit für die Verarbeitung.