Wer ist heute der Name Ganna fällt, hat man sofort das Bild eines überragenden italienischen Kraftprotzes vor Augen. Der 1,94 Meter große Filippo aus der kleinen Stadt Verbania am Lago Maggiore ist bei vielen Zeitfahren "der Mann, den es zu schlagen gilt". Filippo ist der Sohn eines ehemaligen Profi-Kanuten, Marco Ganna. Mit dem Lago Maggiore und dem nahe gelegenen Lago di Varese hätte eine Zukunft auf dem Wasser durchaus Sinn gemacht. Nicht so für Filippo. Vielmehr reizte den noch jungen Italiener das umliegende Terrain. Das Gelände ist hügelig, auch am Wasser entlang. Mit wenigen flachen Metern, nicht einmal in den Dörfern. Wo man sowohl für Klassiker als auch für Berge trainieren kann. Es ist ein Nährboden für große Radfahrer. Ein Ort, an dem der Namensgeber Luigi Ganna seine Laufleistung. Mit dem Alfredo Binda, der große Binda, verbunden ist. Ein Ort, zu dem man pilgern muss. A pellegrinaggio: Auf der Suche nach Ganna in der Lombardei. Naja, am Rande des Piemont und Lombardeium fair zu sein.

Text und Fotos: Sander Kolsloot

Der erste Giro

Diese Geschichte beginnt an einem Tisch in einem Büro in Utrecht. Ein Brainstorming über einen neuen Namen für eine 'Kreativagentur'. Ganna, schön und kurz, kraftvoll, buchstäblich 'kraftvoll', wie Filippo. Zu dieser Zeit kennen wir noch nicht das wunderbare Meisterwerk 'Pellegrina' aus Lidewey van Noord. Das Buch, das unter anderem die Sportgeschichte von Luigi Ganna beschreibt. 'Wer?' höre ich Sie denken. Luigi Ganna war 1909 der erste Sieger des Giro d'Italia. Die Geschichte von Luigi liest sich wie ein Kinderbuch. Ein Draufgänger, der seine Träume verfolgte. Der wie viele Radsportler jener Zeit aus dem Arbeitermilieu stammte. Der Maurer, der sich an den schlammigen Bedingungen erfreute. Noch besser: Er stammt aus Induno Olona, einem Dorf in der Nähe von Varese. Dieselbe Region, derselbe Nachname, aber keine Familie. Trotzdem ist das faszinierend.

Luigi's Sportpalast

In den Niederlanden wird uns oft vorgeworfen, wir würden unsere Helden nicht genug ehren. Der Vergleich mit anderen Ländern ist schnell angestellt. In Belgien werden Sven Nijs und Eddy Merckx immer noch als Superhelden verehrt. In Spanien genießt Miguel Indurain immer noch großen Respekt und Italien ehrt die Größen des Radsports noch lange nach ihrem Tod. Auch in Frankreich wird den Helden des Radsports eine Straße gewidmet. Die Rue Maurice Garin ehrt den ersten Tour-Sieger. Wenn Luigi vom Himmel auf seine Heimatstadt herabschaut, könnte er zweimal schlucken. Die Stadt, zu deren Inventar vor allem Fabriken gehören, ist auch die stolze Heimat der "Palestra Communale" Luigi Ganna. Eine Sporthalle, mit anderen Worten. Die Halle bietet an einem Sommernachmittag einen eher tristen Anblick. Es ist wenig bis gar nichts los. Keine Statue, keine anderen Informationen. Ist dies also die Ehre eines großen Meisters?

Folgen Sie den Schildern

Der Name Ganna ist ohnehin mit der Region verbunden, nicht nur dank Filippo und Luigi, die hier zu den bekanntesten Namen gehören. Wer zwischen den Geburtsorten dieser beiden Champions hin- und herfährt, sieht unweigerlich die Schilder "Valganna" und "Ganna". Ist das ein Zufall? Wahrscheinlich nicht. In den Niederlanden kennt man auch Familien, die 'Van Groningen', 'Van Amersfoort' oder einfach nur 'Amsterdam' heißen. Geografisch gesehen ergibt das alles einen Sinn. Das Dorf Ganna ist nicht sehr einladend, mit einem holprigen Kopfsteinpflaster, das die Straße vor der Kirche markiert. Hier beginnt auch der Anstieg zur Alpe Tedesco, der deutschen Alp. Ein Anstieg, den auch Luigi hätte fahren können. Zwar nicht über den nagelneuen Asphalt, der dort vorhanden ist, aber immerhin. Sehr empfehlenswert als Teil einer Pilgerreise.

Zwischen Bier und Schokolade

In Induno Olona, wo Luigi seine ersten Meter machte, gibt es zwei Fabriken. Ist auch das ein Zufall? Der Geruch von Hopfen kommt einem schnell entgegen, aber manchmal wird er vom Geruch von Schokolade übertrumpft. Denn das Duo Lindt & Poretti ist hier weit verbreitet. Folgt man der Via Olona in Richtung Varese, so ist dies ein wunderschöner, versteckter Anstieg, der manchmal an die Ardennen oder Flandern erinnert, was das Aussehen betrifft. Hinauf zwischen Häusern, mit dem Geruch und dem Blick auf die Industrie. Nicht umsonst tauchte Luigi Ganna auf, als die Bedingungen hart waren. Dann kam der Arbeiter in ihm zum Vorschein.

Route

Die Route führt Sie durch schöne und wichtige Orte zurück nach Laveno. Dort angekommen, ist die Option, nach Verbania zu fahren, verlockend. Denn Laveno selbst ist gut genug, aber Verbania ist besser. Auf der gesamten Strecke atmet alles den Radsport. Von der Madonna del ciclismo bis zur palestra communale. Von Steigungen und hügeligen Landschaften bis hin zu wunderschönen Endpunkten am Lago Maggiore. Und wenn Sie Lust haben, können Sie die Strecke mit dem Aufstieg zur Alpe Tedesco kombinieren und zum Lago di Lugano weiterfahren. Glückliche Tage.

2 Antworten

  1. Sander, wie gut und ansteckend Sie schreiben! Es erinnert mich an Theo Koomen und Jean Nelissen, so üppig und reich erwähnen Sie Fakten und Fabeln aus Italiens illustrer Radsportgeschichte. Das lädt ein und inspiriert, danke!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Teilen Sie diesen Artikel:

Facebook
Twitter
LinkedIn
Pinterest
Fäden
WhatsApp