Wenn man an einen idealen Trainingsort für ein Profi-Radteam denkt, kommen einem wahrscheinlich zuerst sonnige spanische Küstenorte, steile Pyrenäenpässe oder toskanische Hügel in den Sinn. Doch das Visma-Lease-a-Bike-Team wählte dieses Jahr eine ganz andere Umgebung: die verschneiten Gipfel des Sierra Nevada. Ich hatte die Gelegenheit, ihr Trainingslager zu besuchen und einen Tag lang mit dem Fahrrad Runden in der Sierra Nevada zu drehen. Wenn Sie irgendwelche Zweifel an einem Ort für ein schönes Höhentrainingslager haben, sind diese Zweifel schnell ausgeräumt. Zumindest, wenn Sie mich fragen. Lesen Sie vor allem meine Erfahrungen, dann können Sie sich selbst ein Urteil bilden. Auch nützlich.

Der erste Eindruck: Schnee und Sonne

Wir beginnen den Tag in Granada, unserem Ausgangspunkt für die gesamte Reise. Von unserem Hotel aus geht es mit dem Bus nach oben! Bei der Ankunft in der Sierra Nevada bin ich sofort beeindruckt von dem Kontrast zwischen dem sonnigen Wetter am Fuße des Berges und den schneebedeckten Gipfeln, die sich über uns erheben. Die Straße zum Hotel auf 2.100 Metern Höhe windet sich wie ein Band hinauf, mit Haarnadelkurven, die einem echten Kletterer das Wasser im Munde zusammenlaufen lassen. Die Luft wird dünner, je höher man kommt, und die Temperatur sinkt, aber die spanische Sonne bleibt stark. Das macht die Sache auch knifflig. Man denkt, es ist sonnig", aber währenddessen fährt man durch Schnee.

Wir steigen an einem Parkplatz aus, holen unsere Fahrräder zurück und machen uns bereit, den Gipfel zu erklimmen. In der Ferne sehen wir jemanden in einem Visma-Lease-a-Bike-Outfit auf uns zukommen. Es ist der Teamleiter Grischa Niermann, der sich gerade umschaut. Er ist schon lange nicht mehr im Feld mitgefahren, aber sein gleichmäßiger Tritt in die Pedale zeigt seine jahrelange Erfahrung.

Der Aufstieg zum Gipfel: ein langer Leidensweg

Der Weg führt hinauf zum Pico Veleta, der höchsten asphaltierten Straße Europas, die fast 3.400 Meter hoch ist. Der Anstieg beginnt relativ langsam, doch schon bald fühlen sich die Beine aufgrund der Steigung und der dünnen Luft schwer an. Das Atmen fällt ziemlich schwer. Mein Puls bleibt bei 130 hängen, während ich beim Klettern immer 150 und mehr schaffe. Akklimatisierung ist eine Sache. Um uns herum sieht man auch immer mehr Schneehaufen. Ich blicke zurück und sehe einen atemberaubenden Blick auf das Tal. Wenn man dann seine Trainingsrunden drehen muss, ist dies ein beeindruckender Ort. Je weiter wir nach oben kommen, desto mehr Schneematsch läuft die Straße hinunter (und desto mehr Schweißtropfen laufen mir den Rücken hinunter). Dann plötzlich ist es geschafft. Der Schnee blockiert die Straße. Der Boden ist zugefroren. Wir können nicht mehr weiter und müssen umkehren.

In großer Höhe

Das ist auch der Zeitpunkt, an dem wir feststellen, dass wir uns in großer Höhe befinden. Die Wärme des Aufstiegs verwandelt sich beim Abstieg sofort in eisigen Wind. Es fühlt sich an, als würden wir durch Eiswasser fahren. Ich bekomme selbst eiskalte Hände. Wohlgemerkt, wir kommen gerade von 25-30 Grad in Granada. Aber hier oben ist es kalt. Eiskalt. Es ist eine lange Abfahrt auf 2200 Meter, unterhalb des Skidorfes. Unten angekommen, legen wir eine Pause in der Sonne ein, um uns aufzuwärmen. Ich mustere die Gruppe und stelle fest, dass ich nicht der einzige bin, der zittert. Auf dem Weg nach unten haben wir bereits mehrere Profis aus verschiedenen Teams getroffen. Wo wir anhielten, fuhr das Astana-Team vorbei. Mark Cavendish, der damalige gemeinsame Rekordhalter, ist unter ihnen, ebenso wie der Niederländer Ide Schelling. Das ist ein beeindruckender Anblick.

Umgeben von den Profis

Wir steigen wieder an und ein Teil unserer Gruppe fährt hinter den Männern von Astana. Die fahren eine Runde an ihrem Ruhetag. Zu schnell für mich, um mitzuhalten. Hinter mir höre ich fröhliches Geplapper und schaue Tiesj Benoot und Wilco Kelderman ins Gesicht. Sie sind auch auf einer 'Kaffeerunde'. Ich schaffe es kurz, sie einzuholen. Ich glaube nicht, dass sie wollen, dass ich ihre Gespräche belausche, denn sobald sie merken, dass ich sie einhole, höre ich ein vertrautes 'tick-tick' und sie beschleunigen. Trotzdem habe ich diese beiden Diener eine Minute lang genossen. Auf diesem Streckenabschnitt kommen ständig alle möglichen Profis vorbei. Auch Jorgenson von Visma-Lease-a-Bike und später Ide Schelling von Astana. Auch Fahrer von Lidl-Trek und AG2R-Decathlon schießen an uns vorbei. Eine Zeit lang Profi.

Ein Blick hinter die Kulissen: Interview mit Steven Kruijswijk

Nach unserer Fahrt setzen wir uns mit Steven Kruijswijk im CAR (dem Trainingszentrum in der Sierra Nevada) zusammen. Was wir da noch nicht wissen, ist, dass er ein paar Wochen später ausrutschen und sich eine böse Verletzung zuziehen wird. Auf jeden Fall klingt er optimistisch, aber er spricht auch über die Herausforderungen eines Trainingslagers: "Ja, es gibt Momente, in denen ich irgendwo hinfahre und denke 'Abzweigung', von hier aus sind es noch 1 Stunde und 23 Minuten, wenn ich mit dieser Wattzahl weiterfahre". Aber auch: "Ein Trainingslager ist doch schön, keine Ablenkungen, auf ein Ziel hinarbeiten, das ist hier durchaus möglich."

Was den Ort selbst angeht, ist er sich sicher: "Das ist ein sehr schöner Ort, sicherlich besser als allein auf einem hohen Berg (z.B. Teneriffa, Anm. d. Red.)". Die Anwesenheit anderer Teams wird dies sicherlich noch unterstreichen. Obwohl sie behaupten, keinen Kontakt zueinander zu haben, kennen sie sich in- und auswendig. Die Anwesenheit der Herren von Astana, Lidl-Trek, EF-Education, Decathlon und auch der Damen von EF spricht Bände. Auf jeden Fall scheint er in dieser Umgebung ganz in seinem Element zu sein und wenn man bedenkt, wie die Strecken sind, aber dass man auch eine ganz schöne Aussicht hat, verstehe ich das.

Warum Sie in der Sierra Nevada Rad fahren sollten

Nicht nur wenn Sie auf ein großes Ziel hinarbeiten, sondern auch wenn Sie einfach nur im Hochgebirge trainieren wollen, ist die Sierra Nevada ein wunderbares Ziel. Es gibt eine Vielzahl von Routen und unabhängig von Schneefall und Kälte kann man hier nahezu perfekt trainieren. Sie können ins Tal hinunterfahren und dann die Straße hinauffahren. Vor allem, wenn es im Winter richtig kalt ist, ist das eine Möglichkeit. Aber im Frühling und Sommer hat man das Beste aus beiden Welten". Das Dorf Pradollano ist ein richtiges Skigebiet, mit einer 'Almhütte' und einem Sportgeschäft hier und da. In der Zeit, in der wir dort sind, ist vieles geschlossen, da es eigentlich in der Zwischensaison liegt. Im Mai bereiten sich die Leute auf den Sommer vor und sind mit dem Schnee im Winter ebenso fertig. No ski-no walk-no bike scheint das Motto zu sein. Die Bodega Casablanca beherbergt zumindest unsere Gruppe und das Mittagessen kann gleich wieder kommen. In Pradollano kann man auch in einem Hotel schlafen. Praktisch. Aber wir waren in Granada in Gran Hotel Luna.

Fahrradtour in der Sierra Nevada

Unten ist die Route, die wir gefahren sind. Sie wurde also wegen des Schnees etwas verkürzt.

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