Wir von Cycling Destination blicken gerne über den Tellerrand, und das gilt auch für unsere Radrouten! Südamerikanische Radtouren wecken oft Assoziationen mit den rauen Straßen von ChileNach den beeindruckenden Landschaften Patagoniens oder den ikonischen Bergen Kolumbiens und Ecuadors (dank Fahrern wie Egan Bernal und Richard Carapaz) richten wir nun unseren Blick auf ein verstecktes Juwel: Rio de Janeiro. Zum Glück haben wir Alice Cardoso, die uns alles über die Möglichkeiten des Radfahrens in Rio erzählen konnte. Sie hat uns ihre Lieblingsrouten, Tipps und praktischen Ratschläge verraten, die man vor allem während der Karnevalszeit gut gebrauchen kann! Sind Sie also bereit für eine andere Seite von Brasilien? Lesen Sie hier unsere besten Tipps und Fahrradrouten in Rio de Janeiro
Text und Fotos: Alice Cardoso
Mehr als nur die Olympischen Spiele
Im Jahr 2016 schaute die ganze Welt auf Rio de Janeiro in Brasilien. Es war das Jahr der 31. Olympischen Sommerspiele und in diesem Jahr wurde im Radsport Geschichte geschrieben. In mehr als einer Hinsicht. Die Fangemeinde der UCI wuchs während der beiden Wochen der Spiele auf insgesamt 1,5 Millionen (!). Weltweit stiegen die Einschaltquoten sowohl bei den Straßenrennen als auch bei den Bahnrennen ins Unermessliche. Die Welt konnte sich nun selbst ein Urteil bilden: Radsport in Rio de Janeiro IST eine Möglichkeit!
Die Straßenrennstrecke
Der 241,5 km/141 km (Männer/Frauen) lange Straßenlauf führte über die schönsten Strecken Rios. Schöne Aussichten auf die Copacabana, Jesus der Erlöser, Floresta de Tijuca, Grumari und wieder zurück. Aber die Hitze und die Strecke waren grauenhaft. Von den insgesamt 144 Männern kamen nur 63 ins Ziel. Natürlich waren der "goldene Greg" und Anna van der Breggen die großen Gewinner. Dennoch wird Rio vielen wegen des Sturzes" von Annemiek van Vleuten in Erinnerung bleiben.
Wo sollten Sie sein?
Die meisten Menschen denken, Radfahren sei eine Aktivität für Länder mit besser entwickelter Infrastruktur. Rio de Janeiro stellt dieses Vorurteil erfolgreich in Frage. Die fantastische Umgebung gleicht viele der (buchstäblichen) Unebenheiten aus. Auch die fehlenden Radwege werden Sie schnell als selbstverständlich ansehen, weil die Aussicht so schön ist.
Nun, fair ist fair, es gibt einige Radwege, vor allem die für Rio 2016 angelegten, aber ihre Instandhaltung ist dramatisch. Der olympische Radweg wurde ziemlich bald nach den Spielen geschlossen, weil Teile davon ins Meer gefallen sind. Ups.
Dschungel-Klettereien
Rio de Janeiro hat schöne, steile Anstiege zum sogenannten 'Dschungel' (Floresta da Tijuca) zu bieten. Hier knacken Sie die 14-Prozent-Marke, also das keine Sünde. Auch an der Nordküste der Stadt kann man wunderbar entlangfahren. Sie finden Routen von der weltberühmten Copacabana bis zum Fuße der Statue von Jesus dem Erlöser und weiter nördlich zu einigen geheimen Surfspots und unberührter Natur.
Die Straßen variieren von sehr gut bis hin zu absolut dramatisch, aber das scheint hier niemanden zu interessieren. Viele Radfahrer in Rio fahren mit den besten und neuesten Rahmen. Wie überall auf der Welt ist auch in Rio das Radfahren einer der beliebtesten Trends und wird es noch eine Weile bleiben. Viele Gruppen versuchen, die Stadt für Radfahrer zugänglicher zu machen, und hoffentlich gelingt das. Übrigens werden Sie über die schönen Fahrräder staunen, aber auch über einige Radfahrer, die den Gipfel des Berges mit einem völlig abgefahrenen Fahrrad erreichen. Sie werden nicht nur schöne Carbon-S-Works-Räder sehen, sondern auch Aluminium-Räder.
Das Timing ist wichtig
Zwischen 4 Uhr und 10 Uhr gehört die Stadt den Radfahrern. Ja, tatsächlich, 4 Uhr morgens. In Rio muss man früh losfahren, denn die Hitze und der Verkehr machen es fast unmöglich, zu normalen Zeiten zu radeln. In der Stadt gibt es einige gesperrte Straßenabschnitte, auf denen man zwischen 4 Uhr und 5.30 Uhr autofrei trainieren kann. Diese Straßen werden normalerweise von patrouillierenden Polizeiautos bewacht. Außerdem gibt es lange Streifen entlang des Strandes von Arpoador bis Leblon (auf der Südseite) und von Barra bis Reserva (auf der Nordseite), auf denen zwischen 5 Uhr morgens und 5.30 Uhr abends Rad gefahren werden darf. Darüber hinaus bietet die Stadt am frühen Sonntagmorgen gesperrte Straßen vom Aterro do Flamengo bis zum Flughafen Santos Dumont.
Radfahren kennt keine Grenzen
Die Berge rund um die Stadt, insbesondere die, die die Südseite Rios umfassen und zum Jesus-Erlöser führen, kann man eigentlich den ganzen Tag über bezwingen. Wenn Sie jedoch die Jesus-Statue erreichen wollen, müssen Sie zwischen 8 und 10 Uhr morgens auf dem Gipfel sein. Die normale Startzeit für die bessere Kletterei ist zwischen 5 und 10 Uhr. Es gibt zwei Ausgangspunkte, wenn Sie den ganzen Tag im Sattel verbringen möchten. Rua Alice in Laranjeiras oder Pacheco Leao. Letzterer befindet sich auf der Rückseite des Botanischen Gartens von Rio. Wie bereits erwähnt, sind die Anstiege rund um die Stadt ziemlich steil, und Sie brauchen wirklich eine gewisse Ausdauer (und Kraft), um sie zu überstehen. Aber die Ausblicke sind unvergleichlich. An manchen Tagen ist auch die Tierwelt der Stadt erwacht und Sie können neben den üblichen Vogelarten auch Affen, Waschbären, Faultiere und sogar Schlangen beobachten.
Passen Sie gut auf!
Es sollte nicht überraschen, dass man auch beim Radfahren in Rio Vorsicht walten lassen sollte. Auch wenn alles gut organisiert und relativ sicher aussieht, ist das Radfahren nicht völlig sorglos. Sie sollten nie allein fahren, vor allem nicht in den frühen Morgenstunden, wenn Sie von einem Ort zum anderen fahren. Radfahren geht in der Gruppe, und es gibt mehr als 20 "Assessorias", die Gruppenfahrten anbieten. Sie sind alle gegen eine geringe Gebühr zugänglich, aber Sie müssen sie im Voraus kontaktieren. Manche empfehlen, das Handy zu Hause zu lassen. Ich würde empfehlen, immer ein Handy mitzunehmen, aber vielleicht nicht das neueste Modell, vor allem, wenn Sie sich nicht sicher fühlen. Mit einem Telefon können Sie wenigstens jemanden anrufen, falls unerwartet etwas passiert.
Es gibt auch die Möglichkeit, eine Motorradbegleitung zu arrangieren, wenn Sie alleine fahren wollen. Diese "Moto Boys/Fahrer" kennen auch einige tolle Routen, falls es dazu kommen sollte.
Fahrradrouten in Brasilien: Welche sind die besten Routen in Rio de Janeiro?
Was mich betrifft, so ist jede Fahrt durch diese schöne Stadt den Schweiß mehr als wert. Vielleicht bin ich da auch voreingenommen. Aber wenn ich wählen müsste, dann würde ich Folgendes empfehlen:
Cristo-Mirante da Dona Marta
Eine meiner Lieblingsrunden beginnt hinter dem Botanischen Garten und führt hinauf zum Fuße des Jesus Erlösers. Auf dem Weg dorthin kommt man an der "Vista Chinesa" vorbei, einem chinesischen Pavillon, der auch ein Aussichtspunkt ist, und an der "Mesa do Imperador", einem riesigen steinernen Esstisch, der früher für Picknicks genutzt wurde. Die Straße Panheiras ist eigentlich eine autofreie Straße, die durch den Wald hinaufführt, während man auf dem Weg nach Christus an mehreren kleinen Wasserfällen vorbeikommt.
Diese Fahrt ist sehr steil und man muss wirklich etwas Zeit dafür einplanen. Anfängern würde ich empfehlen, nur den ersten Teil zu fahren.
Pro-Tipp: Wenn Sie oben angekommen sind, fahren Sie hinunter zum Mirante da Dona Marta Heliport und dem dortigen Aussichtspunkt. Von hier aus haben Sie den einzigen 360-Grad-Blick auf Rio und die Möglichkeit, die Christusstatue von vorne zu sehen.
Radwege in Brasilien: Rio de Janeiro - Olympische Tour
Die offizielle olympische Strecke ist eine wunderbare Option für eine Runde am Samstag oder Sonntag. Sie müssen wegen des Verkehrs sehr früh aufstehen, aber die Aussicht ist absolut fantastisch. Die Strecke führt vom Süden der Stadt über die Küstenlinie in den Norden. Der einzige Nachteil ist die lästige Autobahn, die man manchmal entlangfährt. Aber wenn man diese Autobahn hinter sich gelassen hat, kann man sehen, wie Rio einst aussah, bevor die Menschen es für eine gute Idee hielten, riesige Gebäude entlang der Küste zu bauen. Hier gibt es nur Strand und Wald. Rein und unberührt. Auf dieser Tour kommen Sie an mehreren schönen Surfspots vorbei.